Strengere Regeln bei der Geldwäsche­prävention

Gewaschenes Geld im Fokus: Neue Regeln sollen Immobiliengeschäfte transparenter machen. Quelle: Generiert mit Adobe Firefly, Urheberin: Yvonne Orschel

Gewaschenes Geld im Fokus: Neue Regeln sollen Immobiliengeschäfte transparenter machen. Quelle: Generiert mit Adobe Firefly, Urheberin: Yvonne Orschel

Neue Melde- und Prüfpflichten zwingen Kanzleien, Notariate und auch Immobilienunternehmen zu intensiven Kontrollen bei Transaktionen. Ab 2027 rücken besonders die Herkunft von Kaufpreisen und die Überwachung komplexer Geschäftsmodelle in den Fokus.

Autorin: Monika Hillemacher

Rechtsanwälte und Notare gehören neben Maklern zu den ersten, die im Immobiliensektor auf mögliche Geldwäschegeschäfte stoßen. Während die einen ihre Mandanten bei Transaktionen begleiten, müssen die anderen Kauf und Verkauf beurkunden. Aufgrund ihrer Rollen gehören beide Gruppen zu den sogenannten Verpflichteten nach dem Geldwäschegesetz (GwG). Sie haben ihre Mandanten aus Gründen der Prävention grundsätzlich umfangreich auf Herz und Nieren zu prüfen.

Das Know-your-Customer-Verfahren (KYC) umfasst unter anderem die Verifizierung von Namen und Adressen sowie die persönliche Identifikation in der Kanzlei anhand des Ausweises. Bei juristischen Personen sind darüber hinaus der oder die wirtschaftlich Berechtigten zu ermitteln: Welche natürliche Person steckt hinter dem Unternehmen? Außerdem ist im Rahmen der Prävention eine Art Geldwäschemanagement aufzusetzen: Risiko- und Mandantenanalyse, Erarbeitung von Richtlinien und Bestellung eines Geldwäschebeauftragten, sofern die Kanzlei mehr als zehn Mitarbeiter hat. Für den Mandanten-Check stellen Kammern eine Musterprüfliste bereit.

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Nicht nur das positive Wissen um Geldwäsche ist zu melden

Das GwG erlegt Rechtsanwälten und Notaren GwG-Meldepflichten auf. Bestimmte Vorgänge sind der für Geldwäschebekämpfung zuständigen Zentralstelle für Finanztransaktionen (FIU) des Zolls mitzuteilen.

Zu unterscheiden sind Wissens- und Sachverhaltsmeldungen. Erstere sind nur dann abzugeben, wenn ein Anwalt oder ein Notar positive Kenntnis von Geldwäsche hat. Das kommt nach Erfahrungen von Insidern relativ selten vor.

Meldepflichtige Sachverhalte sind dagegen breiter gestreut. Die Anlässe hat der Gesetzgeber in die Verordnung zur Änderung der Geldwäschemeldepflichtverordnung Immobilien (GwGMeldV-Immobilien) hineingeschrieben. Demnach müssen in Kanzleien die Alarmglocken beispielsweise dann schrillen, wenn Transaktionsbeteiligte aus einem sogenannten Risikoland stammen.

Urheber: Michael Weber-Blank

„Alle Märkte ohne Geldwäscheregeln sind kritisch zu beurteilen.“

Michael Weber-Blank, Brandi Rechtsanwälte

„Alle Märkte ohne Geldwäscheregeln sind kritisch zu beurteilen“, umreißt Rechtsanwalt, Compliance-Spezialist und Geldwäschebeauftragter Michael Weber-Blank von Brandi Rechtsanwälte die Regel. Eine an die FIU zu meldende Konstellation wäre bereits gegeben, wenn ein monegassischer Staatsbürger in Deutschland eine Immobilie erwerben will. Aktuell umfasst ein von der FIU veröffentlichtes Verzeichnis 27 kritische Staaten. Taucht ein Mandant aus einem dieser Länder auf dem Kanzleiradar auf, ist dieser Sachverhalt sofort zu melden. Gleiches gilt der GwGMeldV-Immobilien zufolge, sobald der Erwerb über ein Bankkonto mit Bezug zu einem Risikostaat laufen soll.

Bei diesen Ländern ist höchste Vorsicht geboten

Zurzeit sind dies 27 Länder in und außerhalb Europas – von A wie Afghanistan über M wie Monaco und S wie Südafrika bis V wie Vietnam. Hinzu kommen Nordkorea, Iran und Myanmar, die die EU laut FIU auf eine Schwarze Liste der Höchstrisikoländer gesetzt hat. Eine „graue Liste“ verzeichnet Staaten, welche unter verschärfter Beobachtung der europäischen Anti-Geldwäschebehörden stehen. Unabhängig davon sind natürlich Dealbeteiligte zu checken, die aus Ländern kommen, die ohnehin mit Sanktionen belegt sind.

Seit Februar 2025 gelten verschärfte Melderegeln für Kanzleien

Dieses Jahr wurde die GwGMeldV-Immobilien reformiert und verschärft. Die Änderungen sind speziell an Rechtsanwälte und Notare adressiert. Bis dahin mussten sie bereits die Ermittlungsbehörden unter anderem über geplante Barzahlungen über 10.000 Euro, Zahlungen vor Kaufvertragsschluss und Überweisungen von oder auf Auslandskonten informieren. Neu hinzugekommen sind Auffälligkeiten bei der Vertragsgestaltung und im Kontext des Kaufpreises. Ersteres zielt auf Vertragskonstrukte, die darauf ausgelegt sind, Notare daran zu hindern, die Einhaltung des Barzahlungsverbots zu überprüfen (§ 6 Abs. Nr. 5 GwGMeldV-Immobilien). Wird der Nachweis, dass alles mit rechten Dingen zugeht, gegenüber einem Notar nicht erbracht, hat dieser die FIU zu verständigen.

Zweiteres zielt ab auf auffällige Abweichungen zwischen Kaufpreis und tatsächlichem Verkehrswert (§ 6 Abs. 1 Satz 1). Klaffen beide „erheblich“ auseinander, muss die FIU in Kenntnis gesetzt werden. Konkret definiert die Norm „erheblich“ als Differenz von mehr als 25%. Über zu lange Zeiträume gestreckte Kaufpreiszahlungen und Ratenzahlungen, insbesondere erst nach der Eigentumsübertragung, sind Weber-Blank zufolge ebenfalls meldepflichtig.

Das Meldeportal goAML

Geldwäschemeldungen sind elektronisch an das FIU-Portal goAML (Anti-Money Laundering System) zu übermitteln. Die FIU arbeitet an der Optimierung des Meldeverfahrens. Unter anderem strebt sie eine einheitliche Formatierung der Hinweise an. Die Informationen sollen strukturiert im Xml-Format ausgetauscht werden. Dieses Format müsste in die Kanzlei-IT integriert werden. Da dies vor allem für Notariate aufwändig sein kann, werden voraussichtlich die Kammern die abgegebenen Meldungen umformatieren und an die Behörde weiterleiten.

Melden über die Kammern wahrt das Mandantengeheimnis

Die gesetzlich geforderten Geldwäsche-Meldungen widersprechen eigentlich dem für Anwälte und Notare geltenden Mandantengeheimnis. Um das Verschwiegenheitsgebot dennoch einhalten zu können, dürfen Kanzleien ihre Verdachts- und Sachverhaltsmeldungen indirekt auf dem Umweg über die Kammern einreichen. Diese übernehmen die Weiterleitung an die FIU.

Quelle: Tsambikakis & Partner Rechtsanwälte mbB, Urheber: phocst Lutz Sternstein

„Die Umsetzung ist eine undankbare Aufgabe, weil die Vorschriften kleinteilig und bürokratisch sind.“

Markus Gierok, Tsambikakis Rechtsanwälte

Das erleichtert vor allem kleinen Kanzleien die Arbeit. Diese seien mit dem organisatorischen und technischen Compliance-Aufwand zuweilen überfordert, sagt Markus Gierok, Partner bei Tsambikakis Rechtsanwälte, Köln: „Die Umsetzung ist eine undankbare Aufgabe, weil die Vorschriften kleinteilig und bürokratisch sind.“ Es sind nicht nur Vorgaben der FIU, sondern auch solche der Kammern und der Aufsichtsbehörden zu beachten.

Meldungsmuffel

Im Vergleich zum Gesamtaufkommen der Geldwäsche-Verdachtsmeldungen (2023: 322.590) nehmen sich solche von Anwälten und Notariaten bescheiden aus. Aus Kanzleien gingen in dem Jahr rund 170 Hinweise bei der FIU ein, von Notariaten mehr als 7.300. Das sind zwar mehr, als es Notare gibt, aber gemessen an der Vielzahl von Beurkundungen sind es doch eher wenig. Aktuellere Zahlen zu Kanzleien und Notariaten liegen derzeit nicht vor.

Verstöße gegen das GwG werden sanktioniert. Derzeit drohen bis zu 100.000 Euro Bußgeld. In Zukunft soll der Betrag auf 150.000 Euro bzw. maximal 1% des (Konzern-)Umsatzes steigen. Gravierender ist der Pranger: Die Namen der Bußgeldzahler werden auf der Internetseite der Aufsicht bekannt gemacht – und bleiben da fünf Jahre lang. Das ist fatal fürs Image.

Quelle: Freepik, Urheber: Getty Images

Quelle: Freepik, Urheber: Getty Images

Einigen Kanzleien mangelt es an Sensibilität für Geldwäsche

Das Risiko, von der Aufsicht ertappt zu werden, ist dennoch gering. Nach Gieroks Beobachtungen wird lediglich ein kleiner Teil der Rechtsanwälte überhaupt überprüft, meistens mittels Fragebogen. „Die Aufsicht ist nicht so hinterher, wie sie es sein sollte“, meint Gierok. Auch weil der Druck fehle, herrsche in manchen Kanzleien kaum „Awareness“ für diese Pflicht. Gierok sieht dabei durchaus Unterschiede zwischen großen und kleinen Büros. Die großen Einheiten wüssten, was zu tun ist. Sie verfügten über die erforderliche Technik und Compliance. Im Gegensatz dazu „ahnen kleine Kanzleien nicht einmal, dass sie schon mit einer einzigen Transaktionsberatung in die GwG-Vorschriften hineinrutschen“. Das bedeutet: volles Pflichtenprogramm von der Identifizierung der Mandanten über die Risikoanalyse für die Kanzlei bis zur Verdachtsmeldung und zu Schulungen für die Mitarbeiter. Die interne Risikoanalyse ist einmal jährlich zu erstellen und auf Anfrage der Kammer vorzulegen. Allein die Erstellung und Aktualisierung der Risikoanalyse kann Tage in Anspruch nehmen. „Man muss alles durchflöhen“, sagt Weber-Blank, der diese Compliance-Aufgabe bei Brandi auch als externer Geldwäschebeauftragter wahrnimmt. Im Kern soll die Maßnahme der Aufsicht gegenüber Klarheit bieten „über die Art und Weise, wie man als Kanzlei sein Geld verdient“ – und ob man die Geldwäschevorschriften einhält.

Drei Präventionstipps für die Kanzlei

Aus seiner Praxis als Geldwäschebeauftragter hat Michael Weber-Blank drei Vorsorge-Hinweise für Kanzleien:

  • niemals Bargeld annehmen, auch nicht als Verteidiger in Strafprozessen
  • neue Mandanten intensiv prüfen, am besten in einem strukturierten Verfahren; je verschachtelter die Transaktion, desto tiefer durchleuchten
  • bei Auffälligkeiten das Mandat sofort niederlegen und den Vorgang umgehend den Behörden melden

Die Kammern unterstützen mit Handreichungen, die anhand von Fallbeispielen Meldeszenarien aufzeigen.

Freie Immobilienkreditvermittler werden Verpflichtete

Von Juli 2027 an greift die EU-Geldwäscheverordnung (EU-GwVO). Sie ist Teil des EU-Geldwäschepakets und erhält Vorrang vor dem nationalen GwG. Für Verpflichtete nach dem GwG bringt die kommende Neuregelung in erster Linie Verschiebungen im Detail mit sich. So wird der Kreis der zu ermittelnden wirtschaftlich Berechtigten von drei auf vier Personen ausgeweitet.

Ein Instrumentarium gegen illegale Geldströme

Das am 9. Juli 2024 in Kraft getretene EU-Geldwäschepaket schafft einen unionsweit einheitlichen Rechtsrahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche. Ziel ist eine Harmonisierung der Regeln zur Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung. Zentrale Punkte des sogenannten Single Rulebook sind

  • die 6. Geldwäscherichtlinie. Sie hält die 27 Mitgliedstaaten an, Mechanismen zu etablieren, um zu verhindern, dass das Finanzsystem für Geldwäsche und Terrorfinanzierung missbraucht wird;
  • die Errichtung einer Behörde, die die Arbeit der Anti-Geldwäsche-Aufsichtsbehörden in der EU koordiniert und überwacht. Die Amla mit Sitz in Frankfurt hat ihre Arbeit im Juli 2025 aufgenommen;
  • die Einrichtung von Immobilienregistern in den Mitgliedstaaten;
  • die EU-Geldwäscheverordnung (EU-GwVO, EU 2024/1624).

Mandanten sind noch intensiver zu prüfen

Für Kanzleien und Notariate wiegt schwerer, dass sie dezidiert die Herkunft des Kaufpreises ergründen müssen. Bisher waren Banken und Finanzierer in der Verantwortung. Künftig wird die Frage nach den Kapitalquellen mit auf die Stufe von Anwälten und Notaren verlegt. Je komplexer Transaktionen gestaltet werden, desto intensiver, aber auch desto schwieriger wird zu klären sein, ob Geld sauber ist oder gewaschen werden soll. Für den intensiveren Prüfprozess sollten Kapazitäten eingeplant werden. Kanzleien, die ihr Geschäft bis jetzt noch nicht hinsichtlich Geldwäsche und Terrorfinanzierung bewertet haben, sollten das bis 2027 nachholen und sofort damit beginnen. Allein mit dem Aufbau eines internen Risikomanagements erfüllen sie die Anforderungen aus Art. 10 EU-GwVO. Die Verordnung wird am 10. Juli 2027 wirksam. Mit dem Tag rücken erstmals die rund 57.000 unabhängigen Immobilienfinanzierungsvermittler in die Gruppe der Verpflichteten auf. Viele verfügen bisher weder über Know-how noch Strukturen, um die Geldwäscheregeln termingerecht und ordnungsgemäß umzusetzen. Für Anwaltskanzleien mit entsprechender Compliance-Expertise tut sich hier ein Dienstleistungsfeld auf.

2027 fallen Syndikus­anwälte raus aus der Verpflichtung

Ob Syndikusanwälte zu den Verpflichteten nach dem GwG zählen, wird kontrovers diskutiert. Derzeit fallen sie jedenfalls grundsätzlich unter die Regeln, wie Markus Gierok feststellt. Er sagt aber auch: „Über die Sinnhaftigkeit dessen besteht schon länger Streit.“ Ein Blick in die EU-Geldwäscheverordnung schafft – zumindest für die Zukunft – Klarheit. Dort heißt es in Erwägungsgrund 42: „Es kann vorkommen, dass Einzelpersonen, die als Verpflichtete gelten würden, ihre Dienstleistungen intern für Unternehmen erbringen, deren Tätigkeiten nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen. Da diese Unternehmen nicht als Torwächter des Finanzsystems der Union fungieren, ist es wichtig klarzustellen, dass solche Mitarbeiter, beispielsweise interne Rechtsanwälte, nicht unter die Anforderungen dieser Verordnung fallen.“ Von Juli 2027 an fallen Syndikusrechtsanwälte damit aus dem Anwendungsbereich der EU-Geldwäscheverordnung heraus.


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