Quelle: Imago, Urheber: Pond5 Images
Beim Markenschutz trifft Kreativität auf Recht
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Four Frankfurt, Elbtower, Vonovia: Hinter Immobilienprojekten und -firmen stehen millionen- oder gar milliardenschwere Konstrukte. Um sich mit ihren Angeboten und Dienstleistungen aus der Masse abzuheben, setzen Entwickler und Eigentümer auf eingängige Namen für ihre Geschäftsmodelle. Diese als Marke zu schützen, das gehört zu den Aufgaben von Anwält:innen – und ist nicht immer leicht.
Text: Anke Pipke
Manage to green. Wer sich in der Immobilienbranche bewegt, kennt den Ausdruck. Gemeint ist damit der Plan, Gebäude den üblichen Nachhaltigkeitsaspekten folgend aufzuwerten. Das Deutsche Marken- und Patentamt (DPMA) sah das auch so, als es im Sommer 2022 eine Anmeldung zum Markenschutz dieser Wortfolge unter anderem im Immobilienwesen und für Baudienstleistungen zurückwies. Das Bundespatentgericht bestätigte die Entscheidung Ende 2023 (Akz. 25 W (pat) 567/22). Es fehle die notwendige Unterscheidungskraft. „Die Verkehrskreise, insbesondere das Fachpublikum, nähmen das Anmeldezeichen lediglich als Ziel- bzw. Themenbeschreibung der beanspruchten Dienstleistungen wahr, nicht aber als Hinweis auf deren konkrete betriebliche Herkunft.“ So wird die Argumentation des Amtes in der Begründung zum Gerichtsbeschluss wiedergegeben.
Das Bundespatentgericht verweist unter anderem auf das Beispiel von Union Investment, das seine Nachhaltigkeitsstrategie Manage to green nennt. Was dort nicht steht: Union Investment Real Estate hat den Slogan bereits 2019 als Marke eintragen lassen – allerdings auf europäischer Ebene. Dort ging der Antrag durch. „Da hat der Anmelder davon profitiert, dass es zwei unterschiedliche Institutionen gibt, die manches eben auch unterschiedlich einschätzen“, sagt Eckhard Kern, Teamleiter beim DPMA. Er bedauert die Divergenz. Union Investment gibt sich gelassen.
So wurde Manage to green zur Marke
Das Nein des DPMA zum Versuch eines unbekannten Antragstellers, den Slogan „Manage to green“ als deutsche Marke schützen zu lassen, rückt die Eintragung der gleichen Wortfolge im europäischen Markenregister ins Licht. Die dortige Rechteinhaberin Union Investment Real Estate zeigt sich von der Kritik an dem Slogan unbeeindruckt. „Die Marke ist eingetragen, was bedeutet, dass sich ein Prüfer bzw. eine Prüferin über die Schutzfähigkeit Gedanken gemacht und diese bejaht hat“, teilt Union Investment (UI) auf Anfrage mit. „Um eine solche Entscheidung revidieren zu lassen, bedarf es eines hohen Argumentationsaufwands und des Vortrags von Tatsachen, die dem Prüfer bzw. der Prüferin zum Entscheidungszeitpunkt nicht bekannt oder bewusst waren.“ UI zufolge könnte der Zeitpunkt der Entscheidungen – April 2019 vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) versus November 2023 vom DPMA – den Unterschied gemacht haben. Zum einen, „da die englische Sprache aufgrund der Globalisierung und des technischen Fortschritts immer stärker in unseren Alltag Einzug hält und sich aus dem Verständnis englischsprachiger Marken unter Umständen eine beschreibende Eigenschaft ableiten lässt, was vor zehn Jahren bspw. noch nicht möglich gewesen wäre“, meint UI. Zum anderen bezögen sich die Quellen, die im Beschluss des Bundespatentgerichts verwendet werden, auf die Zeit nach der Eintragung ihrer europäischen Marke. Gerade das könne symptomatisch sein, dass sich die Marke von Union Investment im Markt inzwischen durchsetze.
Der Slogan Manage to green von Union Investment: Vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt, aber auf europäischer Ebene als Marke geschützt – ein Beispiel für die unterschiedlichen Bewertungen durch nationale und europäische Institutionen. Quelle: Union Investment
Dabei wird die Frage nach der Unterscheidungskraft einer Marke immer in Bezug zu den konkret beantragten Waren und Dienstleistungen geprüft. Im Falle des Antrags beim DPMA sollte sich der Markenschutz ausschließlich auf Management- und Verwaltungsdienstleistungen sowie Baudienstleistungen beziehen, erklärt UI. Unter der Marke von Union Investment hingegen sei ein viel breiteres Verzeichnis geschützt. „Nur drei von 134 Dienstleistungen der abgelehnten Marke finden sich auch in der Eintragung von Union Investment.“ „Der Slogan ist kreativ und markant und erfüllt alle Voraussetzungen einer Marke“, gibt sich UI selbstbewusst. Diese Einschätzung teilten in der Vergangenheit auch andere Unternehmen und warben mit dem gleichen Slogan für ihre Produkte. In der Folge hat UI nach eigenen Angaben seine Markenrechte „bereits mehrfach erfolgreich außergerichtlich durchgesetzt“. Ende 2028 liegt die Anmeldung der Marke zehn Jahre zurück, die Verlängerung steht an. „Wir sehen keine Veranlassung, das nicht zu tun.“
„Prüfer sind auch nur Menschen“
Robert Briske, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Osborne Clarke, überrascht dieses Beispiel nicht. „Ich beobachte seit langem eine Art Wellenbewegung, wie streng die Ämter die Regeln auslegen“, erklärt er. Je mehr Streitigkeiten, desto genauer werde geprüft. Hinzu kommen Aspekte individueller Natur. „Prüfer sind auch nur Menschen“, versucht Briske einen weiteren Erklärungsansatz. „Manche von ihnen haben mit den angemeldeten Begriffen bestimmte Assoziationen oder sind tiefer im Thema als andere.“ Dann falle die Einschätzung, ob das angemeldete Zeichen schutzwürdig ist, inklusive der Prognose für die Zukunft mitunter anders aus als vom Antragsteller erwartet. Manche Markenanmelder, die sich ihrer Sache nicht ganz so sicher sind, wollen gar die Fachkenntnis der Behörde bewusst auf die Probe stellen. Sie beantragen die Bearbeitung durch einen Prüfer, der sich in der Regel nur am Rande mit dem Thema befasst. DPMA-Experte Kern kennt den Trick, zweifelt aber an dessen Wirkung. „Es bedeutet nicht zwangsläufig, dass man an einen weniger strengen Prüfer gerät.“ Jeder Prüfer muss sich bei der Analyse der eingereichten Markenanmeldungen an den vom Gesetz vorgegebenen Schutzhindernissen orientieren (§ 8 MarkenG): An der fehlenden Unterscheidungskraft beispielsweise sind laut Briske solche Begriffe wie ImmoXXL gescheitert – „weil er als rein anpreisend interpretiert wurde und keinen Hinweis auf bestimmte Erbringer von Dienstleistungen beinhaltet“. Auch rein beschreibende Angaben werden kritisch beäugt, sie müssen freigehalten werden, damit sie die Allgemeinheit weiter nutzen kann.
Selbst wenn die Marke eingetragen ist, können sich Rechteinhaber, besonders zu Beginn des Schutzes, nie zu 100 % sicher fühlen. Es gibt zahlreiche Stolperfallen, die zum Verlust der Eintragung führen können. Quelle: Imago, Urheber: Pond5
Selbst wenn die Marke eingetragen ist, können sich Rechteinhaber, besonders zu Beginn des Schutzes, nie zu 100 % sicher fühlen. Es gibt zahlreiche Stolperfallen, die zum Verlust der Eintragung führen können. Quelle: Imago, Urheber: Pond5
Das deutsche Amt prüft keine Markendoppler
Hat es letztlich mit der Registrierung geklappt, kann sich der Inhaber seiner Marke dennoch nicht für immer sicher sein. Wettbewerber haben mehrere Möglichkeiten, sich einzumischen. Eine bietet das deutsche Verfahren mit dem Widerspruch in der Zeit nach der Eintragung der Marke. Die dreimonatige Widerspruchsfrist beginnt nach der Veröffentlichung der Markeneintragung. So können beispielsweise Inhaber älterer Marken, die eine Verwechslungsgefahr aufgrund klanglicher, optischer oder begrifflicher Ähnlichkeit sehen, die Gelegenheit nutzen, ihre Rechte zu verteidigen. Denn einen Abgleich, ob es die angemeldete Marke in identischer oder ähnlicher Form in den gleichen Waren- und Dienstleistungsbereichen bereits gibt, macht das DPMA bis dahin nicht. „Das ist schon vom Gesetz nicht so vorgesehen“, erklärt Teamleiter Kern. „Es wäre auch tatsächlich ein riesiger Aufwand und das in vielen Fällen, obwohl die Inhaber der älteren Rechte gar nichts gegen die neue Eintragung haben, weil sie ihre Marke vielleicht gar nicht mehr benutzen.“ Sollte sich aber Widerspruch regen, sieht das Gesetz recht niedrige Hürden vor, diesen kundzutun: Die Amtsgebühr beträgt 250 Euro für ein Widerspruchszeichen, während Anwaltskosten mangels Anwaltszwangs nicht zwingend sind. Sind juristische Berater involviert, so übernimmt „in aller Regel jede Partei unabhängig vom Ausgang des Verfahrens selbst die eigenen Anwaltskosten“, erläutert Oliver Spieker, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Görg.
Das Deutsche Patent- und Markenamt in München: Die zentrale Anlaufstelle für die Registrierung und den Schutz von Marken in Deutschland. Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt, DPMA
Es gilt daher vorzuarbeiten. „Der Antragsteller sollte möglichst frühzeitig einen Anwalt oder Dienstleister mit der professionellen Suche nach älteren Markenrechten beauftragen“, rät Briske. Auch sein Berufskollege Spieker meint, dass diese Ausgaben von rund 1.000 bis 2.000 Euro gut investiert seien für eine markenrechtliche Prüfung, die alle das deutsche Gebiet betreffenden Marken einschließen sollte, und für die Bewertung der Rechercheergebnisse.
Ein Verzeichnis hilft, Wettbewerber auf Distanz zu halten
Der Schutz einer Marke erstreckt sich lediglich auf genau benannte Waren und Dienstleistungen. Daher ist es wichtig, dass der Anmelder ein entsprechendes Verzeichnis im Anmeldeverfahren vorlegt. In diesem Zusammenhang spielt die sogenannte Klassifikation der Waren und Dienstleistungen nach Nizza eine wichtige Rolle, die 45 Klassen umfasst. Rechtlich betrachtet haben die Klassen allerdings keine Bedeutung, sie sind nur ein administratives Instrument. „Nehmen wir etwa Klasse 9“, pickt Rechtsanwalt Briske ein Beispiel heraus. „Sie enthält unter anderem Softwareprodukte oder downloadbare Software – aber eben auch Feuerlöscher.“ Für den Antrag auf die Markeneintragung geben Anmelder die passenden Waren- und Dienstleistungen an. Die Klassen spielen allerdings bei der Kostenstruktur der Ämter eine Rolle. Und es gibt Unternehmen, die ihre Marke kurzerhand für alle in der Klassifikation genannten Waren und Dienstleistungen immer wieder anmelden. Hintergrund dessen ist, dass die Marken innerhalb der fünfjährigen, sogenannten Benutzungsschonfrist geschützt sind, auch wenn sie noch gar nicht verwendet werden. Mit der Massenanmeldungen soll der Zugriff auch eigentlich branchenferner Wettbewerber verhindert werden – mit begrenztem Erfolg allerdings. „Das Europäische Gericht hat diese Praxis inzwischen gekippt“, erläutert Experte Briske. Es wertet sie nun als bösgläubige Anmeldung und weist die Anträge zurück. Auch das DPMA folgt dieser Herangehensweise.
Beim Markenschutz lohnt es sich, größer zu denken
Zur Anmeldestrategie gehört auch, sich Gedanken um die richtigen Waren- und Dienstleistungsbereiche zu machen, in denen der Markenschutz gelten soll. Spieker legt jedem ans Herz, Zeit und auch Kosten in ein maßgeschneidertes Verzeichnis zu investieren. „Dabei sollte nicht nur berücksichtigt werden, was der Antragsteller konkret mit der Marke vorhat“, erklärt er. Auch schon nur irgendwie naheliegende Waren oder Dienstleistungen sollten abgedeckt werden. „So fährt man quasi die Ellenbogen aus und verschafft sich Freiraum.“ Werden beispielsweise nebenbei Räume für Tagungen vermietet, sollte auch die Organisation von Events bei der Markenanmeldung eine Rolle spielen. Wer das missachte, meint Spieker, habe unter Umständen später mehr Probleme, sich von ähnlichen Marken im gleichen Waren- und Dienstleistungsbereich abzugrenzen. Anna-Kristine Wipper, Rechtsanwältin bei KPMG Law, empfiehlt ebenso, anfangs größer zu denken. „Löschen kann man Klassen, die man letztlich doch nicht nutzt, jederzeit.“ Dieses Verfahren kann allerdings auch ein Dritter anstoßen – außer in den besagten fünf Jahren nach der Eintragung, so lange reicht die Benutzungsschonfrist. Auf einen Löschungsantrag sollte der Markeninhaber zügig reagieren und innerhalb von zwei Monaten widersprechen, sonst ist die Marke in den betroffenen Bereichen passé.
Eine weitere wichtige Zeitspanne umfasst zehn Jahre nach der Eintragung. Zum einen hat nach dieser Frist im deutschen Markenrecht ein Antrag auf Löschung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft keine Aussicht mehr auf Erfolg – „im Gegensatz zum europäischen Recht, dort kann aus diesem Grund die Löschung der Unionsmarke noch Jahrzehnte später erfolgen“, betont Briske. Zum anderen muss die deutsche Marke im Zehn-Jahres-Rhythmus verlängert werden. Markeninhaber, die diesen Termin reißen, müssen aber nicht gleich verzweifeln. Kern zufolge ist gegen eine geringe Zusatzgebühr auch ein halbes Jahr nach Ablauf der Frist noch eine Verlängerung der Eintragung möglich.
Unionsmarke: Doppelt geschützt hält besser
Die ungewollte Löschung der eigenen Marke beim DPMA kann für Firmen einen herben Verlust bedeuten – wohl dem, der schon bei der Anmeldung vorgesorgt hat. „Wir empfehlen Unternehmen mit deutschem Kern- und vielleicht weiteren EU-Zweitmärkten, die Marke nicht nur beim EU-, sondern zumindest auch beim deutschen Markenamt registrieren zu lassen“, sagt Spieker. Auch wenn das mit höheren Kosten verbunden ist. Geht sie etwa als Unionsmarke verloren, existiert sie im deutschen Markt weiter und kann von dort aus wieder auf andere Länder erstreckt werden. Auch wer allein in Deutschland agiert, kann eine Unionsmarke anmelden. „Es reicht, wenn man die Marke nur in einem Land verwendet“, erläutert Wipper. Doch der Anmelder müsse sich auch bewusst sein, dass er im europäischen Verfahren auf einen ungleich größeren Pool an potenziell Widersprechenden trifft.
Die Kosten hängen vom Umfang des Markenschutzes ab
Wer sich für die Eintragung einer Marke auf europäischer oder deutscher Ebene interessiert, sollte die unterschiedlichen Kostenstrukturen kennen. Die Eintragung einer europäischen Marke ist deutlich teuer als die einer deutschen. Dafür gilt der Markenschutz in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten. „Das ist ein guter Deal“, meint Anwalt Briske – auch wenn damit nicht die Schweiz abgedeckt werde. In Briskes Kanzlei Osborne Clarke werden für die Anmeldung einer deutschen Marke in bis zu drei Klassen und ihrer Überwachung über zehn Jahre rund 740 Euro fällig, inklusive der Amtsgebühr von 290 Euro. Geht es um eine europäische Marke, fallen eine Amtsgebühr von 850 Euro für die erste Klasse, 50 Euro für die zweite Klasse und 150 Euro für jede weitere Klasse an. Hinzu kommen etwa 750 Euro Anwaltskosten für die erste Klasse und 90 Euro für jede zusätzliche. Görg-Anwalt Spieker schätzt die Kosten für eine europäische Anmeldung in bis zu drei Klassen inklusive der Vorabrecherche und deren Bewertung, einem zehnjährigen Markenschutz, einem Entwurf für das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis, der Anmeldung und einem beanstandungsfreien Verfahren bis zur Eintragung auf etwa 4.500 bis 6.000 Euro. Für eine deutsche Marke werde es in aller Regel etwa 1.000 Euro günstiger.
Zu beachten sind darüber hinaus die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem europäischen Verfahren zur Markenanmeldung. „Im deutschen Markenrecht wird eine schutzfähige Marke schneller ins Register aufgenommen, direkt nach der erfolgreichen Prüfung durch das DPMA“, erläutert Wipper. „Erst danach beginnt die Widerspruchsfrist.“ DPMA-Teamleiter Kern schätzt die Verfahrensdauer von der Anmeldung bis zur Eintragung in dem für die Immobilienwirtschaft interessanten Markenbereich auf etwa vier bis fünf Monate. Auf europäischer Ebene hingegen beginnt mit der Anmeldung zunächst die Widerspruchsfrist zu laufen. „Kommt es zu einem Widerspruchsverfahren, kann sich die Eintragung noch hinziehen“, erklärt Wipper.
Es werden weiterhin viele Marken eingetragen
Wer derzeit auf eine schnellere Bearbeitung seiner Markenanmeldung spekuliert, weil angesichts der wirtschaftlichen Eintrübung weniger Anträge gestellt würden, der irrt. Denn das geben die Zahlen des DPMA in den für die Immobilienwirtschaft relevanten Waren- und Dienstleistungsklassen nicht her. „Wir haben etwa auch in Corona-Zeiten festgestellt, dass die Unternehmen die ruhigere Zeit nutzen, um sich verstärkt Gedanken um ihre Marke zu machen, und mehr anmelden als vorher“, sagt Kern.